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Zum ersten Mal Personal einzustellen ist ein enormer – und positiver – Schritt für Kleinunternehmen. In Ihrer Selbstständigkeit sind Sie für einige Aufgaben zuständig: Social Media bespielen, das Budget planen, Inventar aufstocken, Anfragen bearbeiten…und vieles mehr. Dass Sie sich dafür Unterstützung ins Boot holen zeigt, dass Ihr Unternehmen wächst und Sie es weiterentwickeln können.
Sie wissen nicht ganz, worauf Sie achten sollen? Erfahren Sie von drei Gründerinnen und Gründern, worauf sie bei der Personalsuche geachtet haben, um für ihre Cafés das optimale Team zusammenzustellen. Falls auch Sie bald einen zweiten Standort eröffnen oder etwas Teilzeithilfe benötigen, finden Sie hier wertvolle Tipps rund um den Personalzuwachs.
Die drei Unternehmen



Angela Austin, Milk + Pull
Milk + Pull wurde 2013 von Angela und ihrem Ehemann Joe eröffnet und ist mittlerweile in Brooklyn, Queens und New York City zu finden. Wonach das Paar aus New York strebt: exzellenter Kaffee und eine kraftspendende Atmosphäre in jedem ihrer Cafés.
Sascha Dreschinski, brewdis
Sascha und zwei Mitgründer eröffneten 2019 ihre mobile Kaffeebar brewdis. Heute leitet er das Geschäft zusammen mit Lukas Schulze-Vorberg und Bianca Breinig. Die Liebe zum Kaffee und etwas Kreativität brachten damals die Idee zum Geschäftsmodell: eine Piaggio Ape (auch Betty genannt) umgebaut zu einer mobilen Kaffeebar. Betty und der neueste Zuwachs Bobby, ein Kaffeerad, bieten in Frankfurt hochwertigen Kaffee auf zwei (oder drei) Rädern.
Anthony Grice, Fika
Nach jahrzehntelanger Berufserfahrung in der Gastronomie entschied sich Anthony 2018 dazu, sein erstes Café Fika zu eröffnen. Seit neuestem gibt es sogar einen zweiten Standort. Mit Fika bringt er das schwedische Café-Erlebnis nach Liverpool und lädt zum Verweilen und Unterhalten ein.
Wann wird es Zeit für ein größeres Team?
Sobald Ihr Geschäft gut läuft und sogar ausgebaut werden kann, könnten Sie sich über zusätzliches Personal Gedanken machen, das Ihnen unter die Arme greift.
Angela sagte damals zu ihrem Mann: „Du solltest dich nicht um alles im Unternehmen kümmern. Sonst kannst du nicht am Unternehmen selbst arbeiten. Und so kann es auch nicht wachsen. Du musst dich aus dem Alltagsgeschäft zurückziehen, um das große Ganze zu sehen und weiterzubringen.“ Als beide dann endlich die ersten Leute eingestellt hatten, hat es ihnen mehr Zeit verschafft. So konnten sie ihre Kaffeerösterei als neuen Geschäftszweig entdecken und ausbauen.
Mittlerweile hat jeder Standort von Milk + Pull sein eigenes Management. Eine Führungsrolle zu besetzen war für Angela eine weittragende Entscheidung: „Wir wussten, dass das irgendwann notwendig sein würde. Aber jemanden einzustellen, der das operative Geschäft leitet…Das wird nicht wenig kosten. Ob wir das stemmen können?“ In der Pandemie haben sie dann ihre erste Managerin gefunden, die durch ihre Arbeit bei einer bekannten Marke auch noch Erfahrung in der Branche mitbrachte.
Als Anthony sein erstes Fika-Café eröffnete, hatte er bereits zwei Angestellte: „Beide waren in Teilzeit angestellt und wir hatten sechs Tage die Woche geöffnet. Also haben beide jeweils drei Tage pro Woche gearbeitet, damit ich immer Unterstützung im Laden hatte, selbst wenn eine Person krank war.“
Anfangs hat das gut funktioniert. Doch als Fika immer beliebter wurde merkte Anthony schnell, dass er mehr Hilfe brauchte. „Dann haben wir Mitarbeitende eingestellt, die zwischen 11:00 und 14:00 Uhr ins Café kamen. Sie haben Geschirr gespült und Tische abgeräumt, weil in dieser Zeit immer das meiste los war. Den Rest des Tages haben wir das übernommen, aber gerade um die Mittagszeit herum, wenn so viel zu tun war, hat uns das den Rücken frei gehalten.“
Als der zweite Standort von Fika eröffnet wurde, musste Anthony sein Team erneut vergrößern. Mitarbeitende vom ersten Standort wurden zum neuen versetzt, weil sie schon eingearbeitet waren. Doch dadurch musste er für das erste Café neues Personal finden. „Plötzlich gab es viel mehr Schichten zu besetzen. Uns war nicht bewusst, wie viel mehr das letztendlich sein würden, weil wir unsere erfahrenen Leute geschickt einplanen mussten. Sie waren für die Einarbeitung des neuen Personals zuständig, damit alles wie gewohnt läuft und unseren Erwartungen entspricht.
Sascha Dreschinski hat die mobile Kaffeebar brewdis zunächst zusammen mit den zwei Mitgründern als kleine Nebentätigkeit bewirtschaftet. „Wir hatten immer dann geöffnet, wenn es für uns zeitlich gepasst hat – also eher unregelmäßig. Dazu mussten wir uns auch selbst erst einmal mit der Ape und allen Geräten vertraut machen. Das lief alles ziemlich spontan ab, bis wir unseren ersten Mitarbeiter hatten.“
Um sich in den Park stellen zu können, hatten die brewdis eine Genehmigung vom Amt erhalten. „Wir wollten gern öfter verkaufen. Die Frage war nur, wie wir das machen. So kamen wir zum Entschluss, Personal einzustellen.“ Als alle Arbeitsabläufe klar waren, fühlten sie sich sicher genug, jemand neues anzuweisen. „Wir hatten alles genau aufgeschrieben und waren bereit, andere selbstständig in unserer Kaffeebar arbeiten zu lassen. Selbstständig ist hier das Stichwort, denn durch unsere Vollzeitjobs können wir nicht immer einspringen. Wir müssen uns sicher sein, dass das Alltagsgeschäft ohne uns laufen kann.“

Wie findet sich das richtige Personal?
Sie haben den Entschluss gefasst, nach Personal zu suchen. Jetzt müssen Sie nur wissen, was Ihnen dabei wichtig ist. Möchten Sie ein festes Team aufbauen oder lieber nur kurzfristig mehr Hilfe bekommen? Angela, Sascha und Anthony hatten für ihre Cafés alle eine etwas andere Vorstellung und Herangehensweise.
Wie viele neue Kleinunternehmen haben Angela und Joe anfangs vieles allein oder mithilfe der Familie erledigt. „Als wir unseren ersten Standort eröffnet hatten, hat mein Mann den Shop geleitet. Er hatte damals noch seinen Vollzeitjob, also hat er das Café immer um 9:00 Uhr geöffnet und unsere Mitarbeiterin reingelassen. Nach seiner Arbeit kam er um 17:00 Uhr zurück ins Café, damit unsere Mitarbeiterin Feierabend machen konnte. An Wochenenden war er sogar den ganzen Tag über da“, erinnert sie sich.
Mit der Bekanntheit haben sich dann immer mehr Interessierte gefunden: „Viele Baristas wollten ihre Arbeit bei einem schon bekannten Café nicht verlassen, um zu unserem zu wechseln. Aber als die Leute öfter von uns gehört hatten und den Laden kennenlernen konnten, kamen mehr und mehr Bewerbungen rein. Ich glaube schon, dass die wachsende Bekanntheit unserer Marke uns geholfen hat.“
Mittlerweile erhält Milk + Pull regelmäßig neue Bewerbungen und Angela achtet vor allem darauf, die Nachbarschaft zu unterstützen. „Wenn wir aktiv suchen, machen wir es auf Social Media bekannt oder hängen Flyer im Laden aus. Am liebsten möchten wir Leute aus der Nachbarschaft einstellen…Lokal zu werben ist für uns deswegen besonders relevant.“
„Gutes Personal zu finden ist schwierig“, merkt Anthony an. „Ein Freund sagte einmal zu mir ‚Personalführung wird deine größte Herausforderung sein.‘ Manches ist im Unternehmen schnell entschieden, aber Personal ist immer ein Thema. Es ist nicht einfach jemanden zu finden, der den gleichen Ansporn hat wie man selbst. Seit Beginn der Pandemie mussten viele Geschäfte schließen und die Arbeitslosenrate ist gestiegen. Sobald ich eine Stellenanzeige veröffentliche bekomme ich innerhalb einer Stunde gefühlt um die 100 Bewerbungen. Echt verrückt.“
Über das große Interesse freut sich Anthony, aber es erschwert die Suche nach jemandem, der den Job wirklich will. „Man braucht Leute, die diesen Job nicht allein als Überbrückung nutzen möchten. Diese Leute kommen nur für das Gehalt zur Arbeit. Wenn man allerdings wachsen möchte, braucht man Angestellte an seiner Seite, die die Vision des Unternehmens unterstützen. Wir wollen wachsen, und das wird eben kompliziert, wenn wir nur als kurzzeitige Übergangslösung gesehen werden.“
Sascha stimmt zu, dass Personal eines der größten Themen ist. Für brewdis funktioniert eine angenehme Unterhaltung besser als ein Bewerbungsgespräch, weil für sie die persönliche Komponente am wichtigsten ist: „Wir stellen nicht viele typische Fragen. Uns geht es mehr darum, einander kennenzulernen. Wir trinken einen Kaffee zusammen und reden. Im Endeffekt vertreten sie auch uns und unsere Marke. Deswegen achten wir darauf, dass die Person zu uns und unserem Team passt.“
Welche Eigenschaften sind wichtig?
Denken Sie darüber nach, auf welche Stärken Sie besonders achten. Bei brewdis, Milk + Pull und Fika steht die Persönlichkeit sehr weit oben auf der Liste. „Unser Team muss selbstständig ohne uns arbeiten können. Vertrauenswürdigkeit ist uns deshalb extrem wichtig“, sagt Sascha. „Deswegen achten wir so sehr auf die Persönlichkeit.“
Die Bewerber und Bewerberinnen sollten dazu keine Angst vor einer kleinen Herausforderung haben. „Sie müssen eigenständig sein und Probleme selbst lösen können. Die Ape wackelt ein wenig, unsere Kaffeemaschine ist eine Diva…Irgendwas passiert immer und es wichtig, dann lösungsorientiert zu handeln und nicht zu verzweifeln. Wir bitten außerdem um Flexibilität und geben aber auch das gleiche zurück. Wenn sich mal jemand kurzfristig krankmeldet, ist das kein Weltuntergang. Unsere Mitarbeitenden regeln das oft selbst untereinander.“
Aktuell wird bei Milk + Pull eher die Arbeitserfahrung priorisiert. „Bis vor ungefähr zwei Jahren waren wir da sehr offen. Alles, was uns wichtig war, konnten wir den neuen Teammitgliedern selbst beibringen – von der eigentlichen Kaffeezubereitung bis hin zum tieferen Verständnis von Kaffee und allen Geschmacksnuancen“, so Angela. Doch nach neun Jahren im Geschäft haben sie und ihr Mann festgestellt, dass eine Mischung aus Kaffee-Neulingen und erfahreneren Mitarbeitenden für sie besser funktioniert. „Wir stellen immer noch Leute ein, die noch keine Erfahrung in diesem Bereich haben – das wollen wir auch so beibehalten. Aber wir gleichen es eben andererseits mit erfahrenen Professionellen aus.“
Die brewdis achten weniger auf die Arbeitserfahrung und fokussieren sich eher auf den Charakter. „Wir arbeiten gern mit Leuten, denen auch gefällt, was wir machen und wer wir sind…Leute, die vertrauenswürdig sind und interessant auf ihre eigene Art und Weise. Alle in unserem Team sind sehr unterschiedlich. Falls sie vorher noch nie Kaffee zubereitet haben, ist das für uns kein Grund, jemanden auszuschließen“, so Sascha. „Kaffee zu kochen können wir jemandem beibringen, aber wir können nicht vorzeigen, wie man am besten in das Konzept und unser Team passt. Nach einigen Tassen Kaffee an einem Wochenende bekommt man den Dreh schnell raus.“
Angela und Joe ist es ebenfalls wichtig, dass Bewerber und Bewerberinnen ein Interesse an Kaffee zeigen: „Wir suchen Leute, die sich dafür interessieren, wo Kaffee herkommt und wir er hergestellt und verarbeitet wird. „Solche Fragen stellen wir gern – Fragen, die wahres Interesse und eine Neugier an Kaffee zum Vorschein bringen.“ Außerdem ist Angela auch Freundlichkeit sehr wichtig. „Unsere Community liegt uns sehr am Herzen“, bemerkt Angela. „Uns ist wichtig, dass unser Team das genauso sieht und die guten Beziehung zu unseren Kundinnen und Kunden aufrechterhält. Wenn jemand unser Café betritt, sollte der Name und das Lieblingsgetränk bekannt sein. Da legen wir viel Wert drauf.“
Auch Anthony legt viel Wert auf eine selbstbewusste und offene Erscheinung. „Der Name meines Cafés, Fika, bedeutet Zeit mit Freunden und Familie. Wir legen daher großen Wert darauf, uns mit unserer Kundschaft zu unterhalten, und wir stellen sicher, dass auch unser Team das schnell lernt.

Wie ist es, eine Führungsposition anzunehmen?
Auch wenn Sie vielleicht vorher schon einmal für Kollegen und Kolleginnen verantwortlich waren, ist es doch wesentlich persönlicher (und kostenspieliger), ein Team für sein eigenes Unternehmen zusammenzustellen.
Angela und ihr Ehemann konnten schon vor der Café-Eröffnung Führungserfahrung mit kleinen Teams sammeln – allerdings ein gewaltiger Unterschied zu ihrem mittlerweile 30-köpfigen Team im Café. „Es gibt gewisse Parallelen, aber wir haben doch einiges dazugelernt. Jedes Teammitglied hat unterschiedliche Ambitionen und Persönlichkeitsmerkmale“, erklärt sie. Ich glaube, das war unsere größte Herausforderung. Ich dachte mir ‚Oh. Ich habe keine Personalabteilung. Die Abteilung bin ja ich. Ich schreibe die Personalhandbücher und ich stelle die Trainingsmaterialien zusammen.‘“
Auch Anthony hatte schon vorher Erfahrungen als Manager in der Gastronomie gesammelt – allerdings in einem wesentlich größeren Betrieb. Bei solch einer Unternehmensstruktur „wird das Arbeitspensum sehr breit verteilt und so bekommt jeder einen eigenen Job mit eigenen Verantwortungen“, sagt Anthony. „So läuft das, wenn man bei einer großen Firma arbeitet.“ Jetzt, wo Anthony sein eigenes Unternehmen führt, übernimmt er allein alle Aufgaben – zumindest so lange, bis er jemand anderen für die Management-Position einstellen kann.
Sascha gab an, dass er vorher keine Führungserfahrung hatte. „Wir alle hatten natürlich in unseren Jobs in Teams gearbeitet, aber wenn man sein eigenes Unternehmen hat, sieht das noch mal ganz anders aus. Man denkt über alles viermal nach und geht anders an Entscheidungen heran.“
Mittlerweile haben sich Sascha, Lukas und Bianca in verschiedenen Aufgabenbereichen spezialisiert und teilen Verantwortungen danach auf: „Ich komme aus dem Kommunikationsbereich. Branding und Marketing sind also hauptsächlich meine Gebiete. Bianca übernimmt als einzige von uns noch Schichten und hat sich mit Excel vertrauter gemacht. Sie übernimmt deswegen die Buchhaltung, die Waren- und die Personalplanung. Und Lukas ist sozusagen unser Visionär. Er denkt voraus und schaut nach besserer Ausstattung oder nach neuen Geschäftsmöglichkeiten für brewdis. Das Coffee-Bike war zum Beispiel seine Idee.“
Was macht Personalführung so herausfordernd?
Für Anthony liegt die Herausforderung und die größte Priorität darin, einander zu vertrauen. „Wenn man das Unternehmen vergrößern möchte, muss man Vertrauen zeigen. Im persönlichen Leben fällt mir das oft schwer. Aber dann ziehe ich meinen Chef-Hut auf und denke mir ‚Ich muss vertrauen. Nur so funktioniert das Ganze.‘ Man muss ein wenig loslassen und andere machen lassen.“
Angela und Joe achten sehr auf eine offene Kommunikation mit ihren Angestellten, um Probleme zu vermeiden. „Unsere Werte – ein Teil der Community sein, stets offen und freundlich sein – gelten für unser Team genauso wie für unsere Kundschaft. Offene Kommunikation ist für uns essenziell. So gehen wir jedes Missverständnis an. Es ist wirklich wichtig, sich Zeit zu nehmen und nach Feedback zu fragen, auch wenn jemand das Team verlässt. Wir geben unser Bestes, um die Erfahrung nachvollziehen zu können.“
Milk + Pull setzt außerdem alles daran, seine Mitarbeitenden zu fördern. „Wir haben schon öfter erlebt, dass Leute gern Barista sein möchten und sich aber nicht bewusst sind, dass es dabei nicht nur um das Bedienen der Espressomaschine geht. Die Gäste erwarten eine gewisse Gesamtatmosphäre. Man muss mit ihnen reden, sie willkommen heißen. Und manch einer hat darauf keine Lust. In solchen Situationen versuchen wir gern, eine geeignetere Position in unserem Unternehmen zu finden.“
Sascha bemüht sich, ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl zu kreieren, denn darum geht es bei den brewdis. „Wir sind nicht nur Arbeitgeber und Angestellte, wir arbeiten alle kollegial zusammen. Unser Name steht für Offenheit und ein friedliches Zusammenleben und das ist uns letztendlich für unser Team am wichtigsten“, bekräftigt er. „Alle sollen sich dazugehörig fühlen und mit einem zufriedenen Gefühl nach Hause gehen, wenn der Tag vorbei ist.“

Kam es schon zu einer Kündigung?
Kündigungen sind in jedem Unternehmen unvermeidbar. Nichtsdestotrotz kann die Situation etwas schwierig sein. „Die etwas unangenehmeren Trennungen kann ich ungefähr an einer Hand abzählen“, so Angela. „Aber auch da geht es wieder vorrangig um ehrliche Kommunikation.“
„Manchmal nehmen Leute die Dinge persönlich – das tun wir alle“, führt sie fort. „Oft geht es einfach darum, dass man andere Ziele vor Augen hat. Offenheit ist hier das Wichtigste und man muss sich vor Augen führen, wo man steht und wo man voneinander abweicht. Gut, dann gehen wir nicht in die gleiche Richtung. Wir sind alle erwachen“, stellt Angela klar. „Wir geben uns Mühe, bei diesen Unterhaltungen sehr verständnisvoll zu sein.“
Sascha musste solch eine Unterhaltung erst einmal führen, weil es schlichtweg nicht gepasst hat. „Fehler machen wir alle und das ist auch vollkommen in Ordnung. Und manchmal passt es einfach nicht. Wir haben darüber geredet, wie die Dinge gelaufen sind und dass wir uns eine weitere Zusammenarbeit nicht vorstellen können.“
Wie hält man den Teamgeist aufrecht?
Die beste Methode, um Angestellte langfristig bei sich zu behalten, ist eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Um ihren Teams ihre Wertschätzung zu zeigen, gehen alle drei unterschiedlich vor.
„Wir planen häufig Team-Events“, verrät Anthony. „Nächste Woche lade ich alle ein, den neuen Standort zu besuchen.“ Ab und an verschenkt er auch Fußballtickets oder gibt gelegentlich ein paar Drinks nach der Arbeit aus. „Ich denke, kleine Dinge wie diese haben eine große Wirkung.“
„Die Motivation aufrechtzuerhalten ist eine der größten Herausforderungen“, findet Sascha. „Die Angestellten müssen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Also versuchen wir ihnen zu vermitteln, was das Ganze für uns bedeutet und dass wir ihre Hilfe brauchen und schätzen. Außerdem ist es uns wichtig, viel zurückzugeben. Ich glaube, die Atmosphäre bei uns im Café ist wirklich gut. Es ist wichtig, dass sich alle wohl und fair behandelt fühlen.“
Angela und Joe versuchen stets, Anerkennung für die Leistung ihrer Mitarbeitenden zu zeigen. „Viele unsere Führungspositionen haben wir durch interne Beförderungen besetzt. Manche Teammitglieder zeigen ehrliches Interesse und pflegen die Beziehungen zu unserer Kundschaft, aber auch zu ihren Kollegen und Kolleginnen. Wenn sich bestimmte Möglichkeiten ergeben, ziehen wir diese Leute zu allererst in Erwägung.“
Beide haben außerdem ein gutes Verständnis für die jeweiligen Stärken und Talente ihrer Teammitglieder. „Einer unserer Baristas tat sich schwer damit, mit Gästen zu reden und zugänglich zu sein, aber er hatte ein sehr starkes technisches Interesse. Als wir uns dann entschieden hatten, unseren Kaffee selbst zu rösten, kam er direkt für diese Aufgabe in Frage. Er hat die notwendigen Schulungen absolviert und mit uns die Kaffeeröstung entwickelt. So konnten wir ihn von seiner ursprünglichen Rolle, die ihm nicht besonders lag, in eine andere überbringen und ihm neue Möglichkeiten aufzeigen.“
Gibt es einen einheitlichen Team-Look?
Interessant ist, dass keines der hier gezeigten Cafés auf eine Arbeitsuniform setzt. Anthony besteht allerdings auf das Tragen einer Schürze. „Trotzdem sollten sie präsentabel und auch hipster aussehen“, fügt er hinzu.
Bei Milk + Pull besteht ebenfalls keine Uniformpflicht. „Die Leute sollen einfach nur sich selbst mitbringen. Bei uns gibt es keine Vorgaben. Selbst die Musik in unseren Läden ist nicht unbedingt sorgfältig ausgewählt. Sie ist je nach Stimmung an jedem Tag anders.“
„Wir haben an jedem Standort spezielle Merch-Artikel. Da ist dann der jeweilige Ortsname draufgedruckt und die Kundschaft trägt es wirklich gern. Und auch unser Team fragt jedes Mal nach einem T-Shirt, wenn eine neue Lieferung reinkommt. Und sie tragen es gern aus freien Stücken.“
Sascha meint, dass ursprünglich ein einheitlicher Look geplant war, aber letztendlich hat es sich doch anders entwickelt. „Wir haben schnell gemerkt, dass dadurch die Individualität unserer Angestellten verloren geht. Zu unserem Unternehmen passt Uniformität nicht wirklich. Wir alle sind auf unterschiedliche Art und Weise so interessant und einzigartig. Das wollten wir niemandem wegnehmen. Getragen wird, was gefällt. Das einzige, was alle gleich machen müssen, ist der Kaffee.“
Was sollten Kleinunternehmen beim Einstellen von Personal beherzigen?
Anthony rät dazu, auf sein Bauchgefühl zu achten. „Sich mit dem Gegenüber wohlzufühlen ist das Beste. Man muss sich ein wenig Zeit lassen, die andere Person kennenzulernen. Wenn man das Gefühl hat, dass man sich schon ewig kennt, ist das definitiv ein gutes Zeichen. Einfach auf das Bauchgefühl hören.“
Angela empfiehlt, klare Erwartungen zu setzen: „Schnell Hilfe zu bekommen ist relativ einfach. Aber es lohnt sich, herauszufinden wer wirklich am Unternehmen und der Idee dahinter interessiert ist, und wer sich darauf freut, ein Teil davon zu sein. Gerade am Anfang kommt es darauf an, wen man an seiner Seite hat, um die Marke voranzubringen. Denn diese Person repräsentiert die Marke, wenn man selbst nicht vor Ort ist.“ Sie schlägt vor, Leute zu finden, die Neugier und Voraussicht zeigen und Teil der Reise sein wollen. „Es geht darum, eine Marke und eine stabile Grundlage aufzubauen. Dafür braucht es die richtige Unterstützung.“